Es beginnt oft still. Ein kalter Blick, ein spöttischer Kommentar, ein schneidendes Lächeln. Mobbing und Bossing – gezielte Schikanen am Arbeitsplatz oder in sozialen Gefügen – sind nicht nur Worte, sondern Messer, die tief in die Seele schneiden. Sie treffen den Selbstwert, zersetzen die Lebensfreude und hinterlassen Wunden, die man nicht sieht, aber tief spürt. Und das Tragischste daran: Es kann jede und jeden treffen.
Deutschland, das einst als Land der Solidarität und Gerechtigkeit galt, steht heute vor einer schmerzhaften Wahrheit: Für viele Menschen, insbesondere für jene, die krank sind oder mit Behinderungen leben, ist ein würdevolles Leben kaum noch möglich. Bürokratische Hindernisse türmen sich wie unüberwindbare Berge auf, während Unterstützungssysteme an ihren Grenzen stehen – oft unterfinanziert, personell erschöpft und strukturell überfordert. Hilfe bleibt für viele ein ferner Wunschtraum. Die ersten Menschen, die Deutschland einmal als ihre Heimat sahen, kehren dem Land bereits enttäuscht den Rücken.
Doch diese Krise endet nicht bei den Schwächsten der Gesellschaft. Bereits die frühkindliche Bildung, das Fundament einer gerechten und stabilen Zukunft, leidet unter dramatischen Sparmaßnahmen. Kindergärten und Kitas sind personell unterbesetzt, Ressourcen sind knapp, und die Fachkräfte, die eigentlich die Zukunft unserer Kinder prägen sollen, arbeiten oft unter unerträglichen Bedingungen. Wer kann in einem System wachsen, das seine Wurzeln beschneidet?
Auch Lehrerinnen, Lehrer und Mitarbeitende im öffentlichen Dienst sehen sich zunehmend in einem Umfeld, das ihre Arbeit kaum wertschätzt. Ihre Stimmen in den gescheiterten Tarifverhandlungen bleiben ungehört, und ihre Leistungen, die essenziell für eine funktionierende Gesellschaft sind, werden oft als selbstverständlich betrachtet. Wie kann ein Land erwarten, dass jene, die täglich über sich hinauswachsen, nicht irgendwann selbst unter dieser Ignoranz zusammenbrechen?
Inmitten dieser sozialen Schieflage scheint der Fokus oft woanders zu liegen: Milliardenbeträge fließen in Waffen und Aufrüstung, während an sozialen Sicherungssystemen gespart wird. Menschen in Not stehen vor einer tragischen Ungleichbehandlung. Während Geflüchtete aus der Ukraine mit offenen Armen empfangen werden – ein wichtiges Zeichen der Menschlichkeit – bleibt für andere, wie jene aus Syrien oder Afghanistan, oft nur ein bürokratisches Labyrinth. Diese Unterschiede werfen Fragen auf, die schwer zu beantworten sind und das Herz schwer machen.
Es ist eine Zeit, die viele Menschen innerlich zerreißt – eine Zeit, die uns als Gesellschaft aufruft, genauer hinzuschauen und Empathie zu üben. Denn das Leid von Mobbing, Bossing oder systemischer Ignoranz ist kein Schicksal, das nur „anderen“ passiert. Es kann jeden treffen. Dich. Mich. Uns alle. Und in einem Land, das Stärke und Gemeinschaft propagiert, sollte niemand das Gefühl haben, allein gelassen zu werden.
Die Lösung liegt nicht in leeren Worten oder verstaubten Konzepten. Sie liegt im Handeln. Im Mut, hinzusehen und aufzustehen. Für diejenigen, die ihre Stimme verloren haben – sei es durch Schikanen, Krankheit, systemische Überlastung oder ein System, das sie im Stich gelassen hat.
Deutschland kann mehr. Und wir alle können mehr.
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https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/report-mobbing-in-der-arbeitswelt.html